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Wohnungszuteilung bei Trennung

05.01.2021

Mein Mann hat eine Freundin: Kann er mich einfach aus der Wohnung werfen?

Nach 20 Jahren Ehe habe ich erfahren, dass mein Mann seit längerem eine Freundin hat. Ich möchte aber keine Scheidung, da ich mir diese aufgrund meines Teilzeitpensums nicht leisten kann. Muss ich befürchten, dass mich mein Mann aus der Wohnung drängt und ich ohne Unterstützung dastehe?

Können sich die Ehegatten ein Zusammenleben nicht mehr vorstellen, ist eine Scheidung meist nicht der erste Schritt. Vorerst sind die Trennungsfolgen zu regeln. Dabei muss unter anderem entschieden werden, welcher Ehegatte in der bisher den Lebensmittelpunkt darstellenden Unterkunft, der sogenannten Familienwohnung, verbleiben darf. 

Darüber hinaus stehen finanzielle Aspekte im Vordergrund. Haben die Ehegatten gemeinsame minderjährige Kinder, stellt sich die Frage nach einem Unterhaltsbeitrag nicht nur für einen Ehegatten, sondern auch für die Kinder. Weiter ist unter den Kinderbelangen die Zuteilung der Obhut und allenfalls ein Besuchs- und ein Ferienrecht zu regeln. 

Nicht zuletzt, um Kosten zu sparen, ist es von Vorteil, wenn die Folgen der Trennung, so auch die Zuteilung der Familienwohnung, mit einer Trennungsvereinbarung einvernehmlich geregelt werden. Muss auch über Kinderbelange entschieden werden, gilt zu beachten, dass die Vereinbarung zum Schutz der Kinder vom Gericht genehmigt werden muss,  damit sie diesbezüglich Gültigkeit erlangt. Im Streitfall muss ein Richter im Zuge eines sogenannten Eheschutzverfahrens über die Trennungsfolgen entscheiden. Oft sind sich die Eheleute nicht bewusst, dass bei der Zuteilung der Familienwohnung nur von untergeordneter Bedeutung ist, in wessen Eigentum die Wohnung steht oder auf wen der Mietvertrag lautet.

Es ist also durchaus denkbar, dass einem Ehegatten die im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehende Wohnung für die Dauer der Trennung gerichtlich zugewiesen wird. Für den Richter, dem bei diesem Entscheid ein grosses Ermessen zukommt, ist entscheidend, wem die Wohnung nach der Trennung besser dient. Bei einer Familie mit Kindern ist von zentraler Bedeutung, welchem Ehegatten die Obhut zugeteilt wird, da die Kinder nicht aus dem bisherigen Umfeld herausgerissen werden sollten. Bei kinderlosen Ehen kann z.B. die gesundheitliche oder die berufliche Situation eines Ehegatten für die Zuteilung der Familienwohnung massgebend sein.

Unterstützungspflicht

Die bei der Heirat eingegangene eheliche Beistandspflicht dauert nach der Trennung fort. Grundsätzlich haben beide Ehegatten Anspruch darauf, den zuletzt erreichten gemeinsam gelebten Standard beizubehalten. Ist ein Ehegatte finanziell schlechter gestellt, sind seine Unterhaltsansprüche zu prüfen. Sofern es einem Ehegatten nicht möglich ist, im Falle einer Scheidung oder einer Trennung die Gerichts- und die Anwaltskosten selbst zu stemmen, kann der andere Ehegatte dazu verpflichtet werden, ihm dafür einen Vorschuss zu leisten. Ist auf beiden Seiten nicht genügend Geld vorhanden, springt der Staat im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege ein. Der Zugang zum Recht, insbesondere zur Regelung von Trennungs- und Scheidungsfolgen, bleibt somit in jedem Fall gewahrt.

MLaw Mathias Buchmann, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 6. Oktober 2020