Vertragsrecht und Corona-Pandemie

22.07.2020

Hochzeit abgesagt: Haben wir Anrecht auf Rückerstattung?

Ende Mai hätte unsere Hochzeitsfeier stattfinden sollen. Wir hatten der Catering-Firma bereits eine Anzahlung geleistet. Die Hochzeit konnte aufgrund der Coronakrise nicht durchgeführt werden. Wir haben den Caterer rechtzeitig informiert. Nun streiten wir mit dem Caterer über die Rückerstattung der Anzahlung.

Verträge sind grundsätzlich einzuhalten. Sie sind demzufolge für die vertraglich bereits vereinbarte Durchführung der Hochzeitsfeier verantwortlich. Liegt nun ein Fall der Unmöglichkeit vor oder kann der Vertrag an die veränderten Verhältnisse angepasst werden?

Als Gastgeber prüfen Sie vorab, ob Ihr Vertrag mit dem Caterer spezifische Regelungen betreffend Verzug, Haftung, Kündigung und höherer Gewalt oder über die Absage bzw. Verschiebung von Veranstaltungen enthält. Mangels abweichender Vereinbarungen finden die Bestimmungen des Obligationenrechts (OR) Anwendung.

Das Gesetz unterscheidet zwischen vorübergehender und dauernder Unmöglichkeit vertraglicher Leistungen. Wenn Ihre Hochzeit aufgrund des vorübergehenden behördlichen Veranstaltungsverbots im Mai 2020 nicht durchgeführt werden konnte, die Durchführung aber zu einem späteren Zeitpunkt wieder möglich ist, besteht in der Regel eine vorübergehende Unmöglichkeit.

Das von Ihnen bestellte Catering war aufgrund des Veranstaltungsverbots am ursprünglich vereinbarten Veranstaltungsdatum nutzlos. Damit waren Sie gehalten, dem Caterer umgehend mitzuteilen, ob Sie auf eine künftige Catering-Leistung verzichten. Im Verzichtsfall dürfen Sie Ihre geleistete Anzahlung zurückfordern, da der Caterer seine Gegenleistung im Mai 2020 nicht erbringen konnte. Planen Sie demgegenüber, die Hochzeit zu verschieben, so empfiehlt es sich, den Vertrag einvernehmlich an die neuen Umstände anzupassen.

Sie können den Caterer auffordern, die Leistung zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen. In diesem Fall hat der Caterer die von Ihnen geleistete Anzahlung nicht zurückzuerstatten. Finden sie keine einvernehmliche Lösung, kann die Frage der Vertragsanpassung dem Richter vorgelegt werden. Ist eine Durchführung einer Veranstaltung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr möglich, was etwa bei einer Geburtstagsfeier an einem 50. Geburtstag der Fall wäre, so liegt eine dauernde Unmöglichkeit vor. In diesem Fall erlischt die Forderung auf das Catering und damit auch die Gegenleistung von Gesetzes wegen (OR 119). Die geleistete Anzahlung ist zurückzuerstatten. Für bereits getätigte und nutzlos gewordene Aufwendungen des Caterers wie Planungsarbeiten und Einkäufe sind Sie nicht schadenersatzpflichtig, da Sie kein Verschulden am Veranstaltungsverbot trifft.

Im Einzelfall abklären

Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die vertraglichen Pflichten hat, muss im konkreten Einzelfall aufgrund der Umstände und durch Auslegung des jeweiligen Vertrags ermittelt werden. Viele Verträge regeln ausdrücklich, dass Pandemien unter den Begriff der höheren Gewalt fallen. Dies kann, je nach Vertragswortlaut, zur Beendigung des Vertrags oder zur vorübergehenden oder dauernden Aussetzung der gegenseitigen vertraglichen Verpflichtungen führen.

MLaw Angela John, Rechtsanwältin, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 22. Juli 2019