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Verliert ein Gutschein nach einem Jahr die Gültigkeit?

04.01.2023

Haben Sie zu Weihnachten einen Gutschein erhalten? Oder haben Sie über die Festtage aufgeräumt und alte, vermeintlich längst abgelaufene Gutscheine gefunden? Wir erklären, wann Gutscheine wirklich ablaufen.

Ein Gutschein ist nicht nur in der Weihnachtszeit ein beliebtes Geschenk. Das Prinzip dabei ist simpel: Die Person, die etwas schenken will, leistet eine Vorauszahlung bei einem Aussteller eines Gutscheines. Der Beschenkte hat durch den Geschenkgutschein Anspruch auf eine Leistung. Ein Gutschein verkörpert also in der Regel ein Recht auf eine Vertragsleistung, zum Beispiel auf eine Hotelübernachtung mit Abendessen und Spa.

Die gesetzlichen Verjährungsfristen sind meist länger als die angegebene Gültigkeitsdauer

Sofern auf dem Gutschein kein Ablaufdatum vermerkt ist, gelten die gesetzlichen Verjährungsfristen. Je nach versprochener Leistung verjähren die Gutscheine in fünf oder in zehn Jahren. Bei Gutscheinen für Waren wie Bücher, Lebensmittel, Kleider etc. beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre. Gutscheine für Dienstleistungen wie einen Ballonflug, eine Reise oder eine Hotelübernachtung verjähren nach zehn Jahren.

Bei vielen Gutscheinen ist allerdings ein Ablaufdatum eingesetzt. Auch in Ihrem Fall beruft sich der Aussteller des Gutscheins auf eine abgelaufene Einlösefrist. Ob dies zulässig ist, ist rechtlich umstritten. Viel Rechtsprechung zur Thematik der Gutscheinbefristung gibt es bis heute nicht. Grund dafür sind die meist tiefen Gutscheinbeträge, bei denen sich ein langjähriger Prozess samt Beizug eines Anwalts in der Regel nicht lohnt.

Oft wird vom Aussteller eine Befristung der Gutscheine vorgenommen, um klare Verhältnisse hinsichtlich der noch ausstehenden Leistungen zu schaffen. Damit wird aber häufig die gesetzlich geltende Verjährungsfrist auf ein oder zwei Jahre verkürzt.

Verkürzung ist unzulässig

Dies ist gemäss einem neueren Urteil eines Amtsgerichts aus dem Kanton Solothurn jedoch unzulässig. Das Obligationenrecht hält in Art. 129 fest, dass Verjährungsfristen nicht durch Verfügung der Beteiligten abgeändert werden können. Selbst wenn also der Aussteller eines Geschenkgutscheines eine kürzere Gültigkeitsdauer auf dem Gutschein vermerkt, müssten damit die zwingenden Verjährungsfristen von fünf oder zehn Jahren gelten.

Wie so oft: Ausnahmen bestätigen die Regel

Eine Ausnahme besteht aber bei speziellen Aktions- oder Schnäppchengutscheinen oder bei Gutscheinen, die der Anbieter ohne vorgängige Bezahlung zur Verfügung stellt. 

Sollte sich eine Firma weigern, den Gutschein anzuerkennen, rate ich Ihnen, sich schriftlich zu wehren, denn im Regelfall sind Gutscheine mindestens fünf bis zehn Jahre einlösbar, auch wenn ein Ablaufdatum vermerkt ist. Bleiben Sie hartnäckig, verweisen Sie auf die unzulässige Verkürzung der Verjährungsfrist und verlangen Sie eine schriftliche Verlängerung der Einlösefrist. Sollte der Anbieter nicht einlenken, können Sie die Schlichtungsbehörde bemühen. Generell ist es aber zu empfehlen, sich vor Ablauf der Einlösefrist eines Geschenkgutscheines Klarheit zu verschaffen.

lic. iur. Corinne Willimann, Rechtsanwältin, Luzerner Zeitung vom 22.12.2022