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Stockwerkeigentum

06.10.2022

Können wir einen Mitbesitzer rauswerfen, wenn er sich an keine Regeln hält und nur Ärger macht?

In unserer STWE-Gemeinschaft hält sich ein Stockwerkeigentümer schon länger nicht an die Regeln, zahlt die Beiträge erst nach Mahnungen und vermietet seine Wohnung auf Airbnb, obwohl das Reglement dies untersagt. Einige Eigentümer haben die Geduld verloren: Können wir den Querulanten aus der Gemeinschaft ausschliessen?

Ja, es ist grundsätzlich möglich, einen Stockwerkeigentümer durch gerichtliches Urteil aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft auszuschliessen. Allerdings darf ein solcher Ausschluss nicht leichthin erfolgen, immerhin wird dem Stockwerkeigentümer dadurch sein Eigentum entzogen.

Die Hürden für einen Ausschluss sind entsprechend hoch. Der Stockwerkeigentümer muss Verpflichtungen gegenüber allen oder einzelnen Stockwerkeigentümern so schwer verletzen, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht mehr zugemutet werden kann. Als Pflichtverletzungen kommen beispielsweise regelmässige Zahlungsverweigerungen, das Verursachen von übermässigen Immissionen, Verstösse gegen Versammlungsbeschlüsse beziehungsweise das Reglement oder auch Persönlichkeitsverletzungen gegen andere Stockwerkeigentümer oder deren Angehörige in Betracht.

Bevor der renitente Stockwerkeigentümer aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden kann, müssen vorab zwingend alle zumutbaren milderen Massnahmen ausgeschöpft worden sein. So ist ein Zahlungsverweigerer beispielsweise zu mahnen und zu betreiben, und Verstösse gegen das Reglement oder Versammlungsbeschlüsse sind dem Querulanten anlässlich einer Stockwerkeigentümerversammlung anzuzeigen und abzumahnen. Auch ein Schlichtungs- oder Vermittlungsversuch mit Hilfe eines neutralen Vermittlers kann eine solche mildere Massnahme darstellen. 

Ermächtigung und Klage

Erst wenn die milderen Lösungsansätze erfolglos geblieben sind, kann ein gerichtliches Ausschlussverfahren eingeleitet werden. Dazu müssen die Stockwerkeigentümer, die durch das Verhalten des fehlbaren Stockwerkeigentümers verletzt sind, an einer (ausserordentlichen) Stockwerkeigentümerversammlung zur Ausschlussklage ermächtigt werden. Dieser Ermächtigungsbeschluss muss von der Mehrheit der Stockwerkeigentümer gefasst werden, wobei der auszuschliessende Stockwerkeigentümer nicht stimmberechtigt ist. Liegt diese Klageermächtigung vor, kann Klage auf Ausschluss des Stockwerkeigentümers erhoben werden.

Rechtsfolgen und Kosten

Bei einer Gutheissung der Ausschlussklage wird der auszuschliessende Stockwerkeigentümer zur Veräusserung seines Anteils innert angesetzter Frist verurteilt. Falls der Anteil nicht binnen der angesetzten Frist veräussert wird, ordnet das Gericht die öffentliche Versteigerung des Anteils an.

Die Kläger tragen nebst dem Risiko, dem Gericht die nötigen Beweise beizubringen, auch dasjenige der Kosten. Die Kläger haben die Gerichtskosten vorzuschiessen. Sofern das Gericht den renitenten Stockwerkeigentümer ausschliesst, wird dieser auch zur Tragung der (von den Klägern vorgeschossenen) Gerichtskosten und allfälligen Parteientschädigungen verurteilt.

Dr. iur. Claudio Stocker, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 31.8.2022