NewsNews

Stockwerkeigentum

16.08.2019

Parterrewohnung: Muss ich mich an den Liftkosten beteiligen?

Ich bin Eigentümer einer Wohnung im Parterre eines 6-Familien-Hauses. Nun muss der Lift erneuert werden, für 70000 Franken. Muss ich mich gemäss der Wertquote an den Kosten beteiligen, obwohl ich den Lift nicht nutze? Im Reglement steht bezüglich der Aufteilung der Liftkosten nichts. Den Lift habe ich bislang anteilsmässig bezahlt.

Ja, Sie haben sich an den Kosten für die Lifterneuerung zu beteiligen. Der Lift dient typischerweise mehreren bzw. allen Stockwerkeigentümern. Es handelt sich deshalb wie z. B. auch beim Treppenhaus um einen gemeinschaftlichen Teil bzw. eine gemeinschaftliche Anlage des Gebäudes.

Die Stockwerkeigentümer haben die Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums grundsätzlich im Verhältnis ihrer Wertquoten zu tragen. Zu diesen Kosten gehören die laufenden Wartungs-, Reparatur- und Stromkosten, aber auch für eine Erneuerung. Für die Aufteilung der Kosten ist nicht relevant, ob Sie den Lift tatsächlich nutzen oder nicht. Es handelt sich dabei um eine gesetzliche Regelung, welche dann gilt, wenn im Reglement dazu keine abweichenden Bestimmungen enthalten sind. Die Regelung ist jedoch nicht zwingend, weshalb eine andere Reglementsbestimmung möglich wäre.

Im Reglement könnte vorgesehen werden, dass für die Verteilung der Liftkosten die Lage der Stockwerkeinheit als Faktor mitberücksichtigt wird und Sie im Parterre weniger oder gar nichts bezahlen müssen. Zu beachten ist dabei aber, dass es Sinn und Zweck einer  Stockwerkeigentümergemeinschaft ist, diverse Teile einer Liegenschaft gemeinsam zu nutzen und gleichzeitig die Kosten gemeinsam im Verhältnis der Wertquoten zu tragen, ohne dass auf den tatsächlichen Gebrauch abgestellt wird.
 

So ist denkbar, dass die Bewohnerin im Dachgeschoss den Lift intensiv beansprucht, jedoch keine Kinder hat und deshalb den Spielplatz nie nutzt. Gleichwohl hat sie sich an den Kosten des Spielplatzes anteilsmässig zu beteiligen. Dies ist auch sinnvoll. Wenn mehrere Parteien ein Gebäude bewohnen, können nicht sämtliche Kosten dem jeweiligen Verursacher in Rechnung gestellt werden.

Von der Aufteilung der Kosten nach Wertquoten ist deshalb nur in absoluten Ausnahmefällen abzuweichen, wenn einem Stockwerkeigentümer ein gemeinschaftliches Bauteil nicht oder nur in einem ganz geringen Ausmass dient. Massgebend dafür ist eine objektive Betrachtungsweise.

Nützliche Einrichtung

Ein Abweichen von der wertmässigen Verteilung ist nicht bereits beim kleinsten Unterschied in der Beanspruchung angebracht. Ebenso berechtigt ein Verzicht auf die Nutzung nicht zu einer Befreiung von der Beitragspflicht. Massgebend ist einzig, ob die Einrichtung bzw. Anlage dem Eigentümer der betreffenden Stockwerkeinheit nützlich sein kann. Dies ist bei einem Lift zu bejahen. Ein Stockwerkeigentümer kann z. B. mit dem Lift in die Tiefgarage oder in den Keller fahren oder mit diesem andere Nachbarn im Haus besuchen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass ihm der Lift ein objektiver Nutzen bereitet, unabhängig davon, ob er diesen auch nutzt. In der Praxis sind kaum Beispiele denkbar, welche ein Abweichen von der wertmässigen Aufteilung rechtfertigen würden.

MLaw Maurus Scheuber, Rechtsanwalt, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 14. August 2019