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Scheidung im Pensionsalter

14.04.2023

Mein Mann will sich von mir (63) scheiden lassen: Werde ich ohne PK im Alter noch zum Sozialfall?

Kurz vor der Pensionierung hat mir, 63, mein Mann, 64, mitgeteilt, dass er sich von mir scheiden lassen möchte. Mein Mann ist selbstständig erwerbend und hat nie in die berufliche Vorsorge (zweite Säule) einbezahlt. Auch ich habe keine PK. Besteht die Gefahr, dass ich im Alter zum Sozialfall werde?

Unser Altersvorsorgesystem kennt drei verschiedene Säulen: die staatliche Vorsorge mit dem Ziel der Existenzsicherung durch Ausrichtung einer AHV-Rente (zweite Säule). Die berufliche Vorsorge, um den gewohnten Lebensstandard entweder mit dem Bezug einer Rente oder von Kapital weiterzuführen (zweite Säule). Schliesslich gibt es noch das freiwillige Alterssparen mit der Möglichkeit, allfällige Lücken der ersten beiden Säulen zu decken oder die Altersvorsorge weiter auszubauen.

Sicherheit bei erster Säule

Als Selbstständigerwerbender war Ihr Mann verpflichtet, AHV-Beiträge zu entrichten. Im Zuge der Scheidung werden die von den Ehegatten während der Ehe erzielten Einkommen geteilt und den Ehegatten hälftig angerechnet. Das ist gesetzlich zwingend so vorgesehen, womit Ihnen hier keine Nachteile entstehen können.

Selbständigerwerbende: Spielraum bei der Vorsorge

Im Gegensatz zu einem Angestellten hatte Ihr Mann beider beruflichen Vorsorge und dem freiwilligen Alterssparen einen grösseren Spielraum. Ein weitsichtiger Selbstständigerwerbender geht damit sorgsam um und wird sich freiwillig der zweiten Säule anschliessen oder freiwilliges Alterssparen betreiben. Nicht selten wird aber beides vernachlässigt, sei es zu Beginn der Selbstständigkeit aufgrund anderer Prioritäten, später aus Leichtfertigkeit oder mässigem Erfolg.

Da Ihr Mann sich keiner Vorsorgeeinrichtung angeschlossen hat, ist zu hoffen, dass er über die dritte Säule gespart, also regelmässig auf ein gebundenes Säule-3a-Konto einbezahlt hat. Selbstständigerwerbende können hier viel höhere Summen ansparen als Angestellte. Solches Säule-3a-Guthaben würde bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung grundsätzlich hälftig geteilt, womit Sie und Ihr Mann wieder gleichgestellt wären.

Vorsicht bei Eheverträgen

Wird mit Ehevertrag vom ordentlichen Güterstand abgewichen und Gütertrennung vereinbart, findet bei einer Scheidung zwar noch immer ein Ausgleich bei der ersten und zweiten Säule statt, nicht aber der dritten Säule. Dies kann dazu führen, dass ein Ehegatte im Alter viel besser gestellt wird als der andere. Vor dem Abschluss eines Ehevertrages ist also eine gute und unabhängige Beratung angezeigt.

Existenzminimum sichergestellt

Im schlimmsten Fall werden Sie nach Ihrer Pension also nur eine AHV-Rente erhalten. In den meisten Fällen reicht diese nicht einmal zur Sicherstellung des Existenzminimums aus.

Beim Bezug einer AHV-Rente haben Sie aber unabhängig von deren Höhe Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Sie müssen also in keinem Fall unter dem Existenzminimum leben – und auch nicht zum Sozialamt. Bei einer solchen Ausgangslage wäre auch noch zu prüfen, ob Ihr Mann über Ihre Pensionierung hinaus zur Leistung von nachehelichem Unterhalt verpflichtet werden könnte.

MLaw Mathias Buchmann, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 20.2.2023