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Mietvertrag

14.04.2021

Ist auch eine mündliche Zusage verbindlich?

Ein Interessent hat unsere Einliegerwohnung besichtigt. Danach einigten wir uns telefonisch über alle Details. Vor der Unterzeichnung des Mietvertrags erklärte er, dass er die Wohnung nicht mehr wolle. Nun verlieren wir mindestens einen Mietzins, da wir anderen Bewerbern abgesagt haben. Schuldet er uns eine Entschädigung?

Das Gesetz sieht für den Mietvertrag keine besondere Form vor. Folglich kann dieser mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden. Haben die Parteien nicht vereinbart, dass das Mietverhältnis erst mit Unterzeichnung eines schriftlichen Vertrags entstehen soll, wird bei der mündlichen Übereinkunft über die wesentlichen Vertragspunkte der Mietvertrag abgeschlossen.

Zu beachten ist aber, dass der Vorbehalt der Schriftform auch stillschweigend erfolgen kann, so wenn ohne vorgängige umfassende mündliche Einigung kommentarlos ein schriftlicher Vertrag zur Unterzeichnung zugestellt wird. Dann würde erst mit der Unterschrift ein gültiger Mietvertrag abgeschlossen.

Bei Mietverträgen über Wohnräume müssen sich die Parteien primär darüber einigen, welche Räumlichkeiten zum Gebrauch überlassen werden und welcher Mietzins inklusive Nebenkosten dafür geschuldet ist. Gemäss Ihrer Schilderung erfolgte eine Einigung über diese Punkte telefonisch mit dem Interessenten. Damit wurde gültig ein Mietvertrag geschlossen. Der Interessent ist deshalb zur Mietzinszahlung verpflichtet. Dies gilt selbst dann, wenn er die Wohnung nicht benutzen kann oder will, solange diese für ihn frei steht. Von der Zahlungspflicht ist er erst nach Ablauf der Vertragsdauer oder nach einer ordentlichen Kündigung befreit. Bei Wohnräumen kann mit der Frist von drei Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder, wenn es keinen Ortsgebrauch gibt, auf Ende einer dreimonatigen Mietdauer gekündigt werden.

Ersatzmieter stellen

Ausnahmsweise kann der Mieter die Mietsache ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zurückzugeben. Dafür muss er einen zumutbaren Ersatzmieter vorschlagen (Art. 264 OR). Die Zumutbarkeit ist gegeben, wenn der Ersatzmieter zahlungsfähig ist sowie bereit und in der Lage ist, den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen. Wenn der Vermieter den Ersatzmieter akzeptiert, tritt der neue Mieter zu den bisherigen Bedingungen in den Mietvertrag ein. Lehnt der Vermieter einen zumutbaren Nachmieter ab, ist der Mieter trotzdem vorzeitig aus dem Mietvertrag befreit, und der Mietzinsausfall geht zulasten des Vermieters. Stellt der Mieter keinen oder einen unzumutbaren Ersatzmieter, hat er für die Mietzinsen bis zur ordentlichen Kündigung oder bis zum Ablauf der festen Vertragsdauer aufzukommen.

Bei mündlichen Verträgen stellen sich oftmals Beweisprobleme, wenn später unklar ist, ob und zu welchen Bedingungen ein Vertrag geschlossen wurde. Auch vorliegend ist denkbar, dass der Interessent das Telefongespräch anders verstanden hat und lediglich davon ausgegangen ist, dass die Grundsätze für den folgenden schriftlichen Vertrag diskutiert wurden. Deshalb empfiehlt es sich, jeweils einen schriftlichen Vertrag abzuschliessen.

MLaw Maurus Scheuber, Rechtsanwalt, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 13.4.2021