Habe ich Anrecht auf mehr Unterstützung?
Mein Ex-Partner und Vater meiner drei Kinder (4, 7 und 9 Jahre) bezahlt seit unserer Trennung im letzten Sommer monatlich 900 Franken Unterhalt pro Kind. Ich kann neben der Kinderbetreuung nur wenig arbeiten und komme kaum über die Runden. Ich habe vom neuen Unterhaltsrecht gehört, ändert dies etwas an meiner Situation?
Das seit 1.1.2017 geltende Kinder-Unterhaltsrecht hat zum Ziel, dass die Rechte des Kinds gestärkt werden und das Kind - unabhängig vom Zivilstand der Eltern - eine optimale Betreuung erhält. Bisher war aus finanziellen Gründen die persönliche Betreuung durch einen Elternteil häufig nur bei geschiedenen Eltern möglich, da diese Betreuung über den nachehelichen Unterhalt entschädigt wurde. Neu sollen auch bei unverheirateten Eltern die finanziellen Nachteile, die durch die Betreuung entstehen, vom nicht betreuenden Elternteil mitgetragen werden. Bisher lag in diesen Fällen die Last meist einseitig auf den Schultern der ledigen Mütter. Neu werden beide Elternteile in die Pflicht genommen, sie müssen sich die Last für die Betreuung teilen. Man spricht dabei vom Betreuungsunterhalt.
Wie dieser Betreuungsunterhalt im Detail berechnet wird, wurde vom Gesetzgeber nicht festgehalten. Die Gerichte müssen nun die Regeln für die Berechnung des Betreuungsunterhalts erarbeiten. Grundsätzlich soll der Betreuungsunterhalt die Lebenshaltungskosten des hauptsächlich betreuenden Elternteils decken, soweit dieser infolge Kinderbetreuung nicht selbst dafür aufkommen kann. Wird die tatsächliche Betreuung aufgeteilt, reduziert sich der Betreuungsunterhalt in gewissem Umfang. Da Sie die Kinder allein betreuen, muss Ihr Ex-Partner grundsätzlich Ihre Lebenshaltungskosten im Umfang Ihres Existenzminiums (Grundbetrag von CHF 1‘350, Wohnkosten ohne Wohnkostenanteil der Kinder, Krankenkassenprämien der Grundversicherung, Kosten für Kommunikation, Mobilität, Steuern etc.) bezahlen. In dem Umfang, in welchem Sie selber arbeiten, wird es einen Abzug geben.
Existenzminimum als Grenze
Diese Unterhaltspflicht Ihres Ex-Partners findet in seinem eigenen Existenzminimum seine Grenze. Hat Ihr Exmann nicht genügend finanzielle Mittel, um für den Barunterhalt der Kinder und den Betreuungsunterhalt aufzukommen, geht der Barunterhalt (Wohnanteil Kind, Grundbetrag, Krankenkasse, weitere Barauslagen etc.) vor. Ab einem gewissen Alter der Kinder wird der Mutter auch bei alleiniger Betreuung die Aufnahme einer Arbeit zugemutet. Die bisherige „10/16-Regel“ besagt, dass Ihnen ein Pensum von 50% zugemutet wird, wenn das jüngste Kind 10 Jahre alt ist, und 100%, wenn das jüngste Kind 16 Jahre alt ist. Möglicherweise wird diese Regel mit künftigen Gerichtsentscheiden zum neuen Unterhaltsrecht neu abgestuft. Der Betreuungsunterhalt ist nicht Ihr „Lohn“, sondern ein Anspruch des Kindes, die Mutter ist nur Zahlstelle.
Ihre Situation könnte sich aufgrund der Gesetzesänderung also erheblich ändern, wenn Ihr Ex-Partner in der Lage ist, grössere Beiträge zu leisten. Sie können sich an eine Beratungsstelle oder einen Anwalt wenden oder das Gericht anrufen. Das Inkrafttreten des neuen Rechts rechtfertigt eine Klage auf Anpassung des Unterhaltsbeitrags. Es ist zu empfehlen, die entsprechenden Schritte so bald als möglich in die Wege zu leiten.