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Stockwerkeigentum

04.07.2018

Darf ich den Gartensitzplatz nicht frei gestalten?

Ich besitze eine Gartenwohnung im Stockwerkeigentum mit einem Gartensitzplatz, der gemäss Reglement von mir exklusiv genutzt werden kann. Ich möchte den Sitzplatz neu bepflanzen. Mein Nachbar meint nun, dass ich meinen Sitzplatz nicht frei gestalten könne, sondern die Zustimmung der anderen Stockwerkeigentümer nötig sei.

Der Hinweis Ihres Nachbars ist berechtigt. Der Grund und Boden eines in Stockwerkeigentum aufgeteilten Grundstücks ist zwingend gemeinschaftlich, d. h., er steht im Eigentum aller Stockwerkeigentümer. Es besteht jedoch die Möglichkeit, auf diesen gemeinschaftlichen Teilen sogenannte Sondernutzungsrechte zu begründen mit der Folge, dass auch Gartensitzplätze, Aussenparkplätze usw. einer ausschliesslichen Nutzung durch bestimmte Stockwerkeigentümer zugewiesen werden.

Solche Sondernutzungsrechte werden üblicherweise bei der Begründung des Stockwerkeigentums durch entsprechende Regelungen im Stockwerkeigentümerreglement (oder mittels Dienstbarkeiten) begründet. Trotz dieses Sondernutzungsrechts bleiben Gartensitzplätze, Aussenparkplätze usw. gemeinschaftliches Eigentum, womit den anderen Stockwerkeigentümern gewisse Mitspracherechte zukommen. Das unterscheidet den Gartensitzplatz von Ihrer Wohnung und anderen in sich abgeschlossenen Gebäudeteilen, die über einen eigenen Zugang verfügen und Ihnen zur ausschliesslichen Nutzung zugewiesen sind.

Ohne ausdrückliche Zustimmung der Stockwerkeigentümergemeinschaft (durch Beschluss oder im Reglement) beschränkt sich das Sondernutzungsrecht auf den vorgesehenen Zweck. Ein Gartensitzplatz dient primär als Ort der Ruhe und Entspannung. Da Ihnen im Stockwerkeigentümerreglement ein Sondernutzungsrecht am Gartensitzplatz vor Ihrer Wohnung eingeräumt wird, dürfen Sie den Gartensitzplatz z. B. nach Ihren Vorstellungen möblieren oder darauf  einen mobilen Grill aufstellen.

Eine weitergehende Nutzung und insbesondere bauliche Veränderungen des Gartensitzplatzes bedürfen hingegen der Zustimmung der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Zustimmungsbedürftig sind etwa  die Veränderung der Sitzplatzgrösse, das Pflanzen von Bäumen und Sträuchern, die Einzäunung des Sitzplatzes sowie die Erstellung einer festen Grillstelle oder eines Pools.

Qualifiziertes Mehr

Ihr Vorhaben bedarf somit der Zustimmung der Stockwerkeigentümergemeinschaft, sofern Ihnen im Stockwerkeigentümerreglement nicht bereits weitergehende Rechte eingeräumt werden. Ein solcher Zustimmungsbeschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft hat, sofern das Reglement nichts anderes vorschreibt, mit qualifiziertem Mehr nach Köpfen und nach Wertquoten zu erfolgen (Zustimmung der Mehrheit der anwesenden und vertretenen Stockwerkeigentümer, die zugleich über mehr als die Hälfte aller Wertquoten ver fügen).

Nehmen Sie die geplanten Veränderungen ohne Zustimmung der Gemeinschaft vor, so können Sie von der Gemeinschaft zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes auf Ihre Kosten verpflichtet werden.

Dr. iur. Claudio Stocker, Rechtsanwalt und Notar, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 4.7.2018