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Stockwerkeigentum

03.12.2018

Muss der STWE-Verwalter in den Ausstand treten?

Der Verwalter unserer Stockwerkeigentümergemeinschaft (STWE) ist Miteigentümer. Zusätzlich macht er die Gartenarbeit. Für die beiden Tätigkeiten erhält er eine Pauschalentschädigung. An der nächsten STWE-Versammlung wird über die Neuvergabe und Entschädigung der Gartenarbeit abgestimmt. Ist der Verwalter dabei stimmberechtigt?

Die Versammlung der Stockwerkeigentümer bestellt in der Regel zur Erledigung der Alltagsgeschäfte einen Verwalter. Der konkrete Umfang der einzelnen Aufgaben des Verwalters ergibt sich aus dem Zusammenwirken von Gesetz, Reglement und Beschlüssen der Stockwerkeigentümerversammlung. Zu den Aufgaben des Verwalters zählen etwa die Erledigung von finanziellen Angelegenheiten der Gemeinschaft, die Instandhaltung und Reinigung des Stockwerkeigentums usw. Zwischen dem Verwalter und der Gemeinschaft wird ein Verwaltungs­vertrag abgeschlossen, welcher nebst den Rechten und Pflichten des Verwalters auch die Entschädigung festhält.

Regelt das Stockwerkeigentümerreglement die Ausstandspflicht der Stockwerkeigentümer nicht, so finden die entsprechenden Bestimmungen des Vereinsrechts auf die Stockwerkeigentümerversammlung Anwendung: Ein Mitglied ist bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft zwischen ihm, seinem Ehepartner oder seinen in gerader Linie Verwandten und der Versammlung der Stockwerkeigentümer vom Stimmrecht zwingend ausgeschlossen (Art. 68 ZGB). Die unter Verletzung von Art. 68 ZGB abgegebenen Stimmen sind als ungültig zu betrachten und nicht zu zählen. Ist ein Stockwerkeigentümer befangen, weil er in einem Interessenkonflikt steht, so hat er in den Ausstand zu treten. Weigert sich der Verwalter, so müssen die Stockwerkeigentümer die Ausstandspflicht anlässlich der Versammlung umgehend geltend machen, ansonsten verwirkt der Anspruch.

Die Abgrenzung, wann ein Interessenkonflikt im Einzelfall vorliegt, kann heikel sein. Hier liegt ein Spezialfall vor, weil das Honorar des Verwalters für die Verwaltungstätigkeit an sich sowie die zusätzliche Aufgabe der Umgebungspflege nicht aufgeschlüsselt wurde.

Der Beschluss auf Leistung oder Anpassung der Entlöhnung für die Tätigkeit als Verwalter stellt ein Rechtsgeschäft gemäss Art. 68 ZGB dar, sodass der Verwalter als Stockwerkeigentümer diesbezüglich nicht stimmberechtigt ist. Die Festlegung der Entschädigung des Verwalters geht über einen internen Verwaltungsakt hinaus, weil sie ihn wirtschaftlich begünstigt.

Die Neuvergabe der Umgebungspflege geht faktisch mit einer Kündigung des unbefristeten Arbeitsvertrages mit dem Verwalter einher. Die Kündigung steht folglich auch mit einer Reduktion der vereinbarten Pauschalentschädigung im Zusammenhang, weshalb der Fokus auf dem rechtsgeschäftlichen Element liegt. Die Gartenarbeit wird mittels Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages vergeben, weshalb der betreffende Stockwerkeigentümer auch bei dieser Beschlussfassung vom Stimmrecht ausgeschlossen ist. Demgegenüber darf ein Stockwerkeigentümer bei einem Beschluss, welcher seine Wahl zum Verwalter betrifft, sein Stimmrecht immer ausüben, weil es sich um einen rein internen Verwaltungsakt handelt.

MLaw Angela John, Rechtsanwältin, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 28.11.2018