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Erneuerungsfonds

19.09.2017

Eigentumswohnung: Braucht es einen Erneuerungsfonds?

Wir möchten in einem Mehrfamilienhaus Stockwerkeigentum begründen. Braucht es dazu zwingend einen Erneuerungsfonds? Wer entscheidet über die Verwendung der Mittel im Erneuerungsfonds, und wer versteuert diese? Was geschieht mit den Einlagen beim Verkauf einer Wohnung?

Mindestens 3 Promille

Empfohlen wird eine jährliche Einlage von mindestens 3 Promille des Gebäudeversicherungswertes bis der Fonds eine Höhe von 6 bis 8 Prozent des Gebäudeversicherungswertes erreicht. Über die Verwendung der Gelder im Erneuerungsfonds entscheidet die Versammlung der Stockwerkeigentümer. Sofern im Reglement keine andere Regelung getroffen wurde, bedürfen Erneuerungs- und Umbauarbeiten, die eine Wertsteigerung oder eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Gebrauchsfähigkeit der Sache zur Folge haben (nützliche bauliche Massnahmen), wie z. B. Um-, Aus- und Anbau des Gebäudes, der Zustimmung der Mehrheit der anwesenden oder vertretenen Stockwerkeigentümer, die gleichzeitig die Mehrheit aller Wertquoten vertreten. 

Unterhalts-, Wiederherstellungs- und Erneuerungsarbeiten, die für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache nötig sind (notwendige bauliche Massnahmen), wie etwa die Reparatur des beschädigten Dachs, können mit dem einfachen Mehr der anwesenden oder vertretenen Stimmen beschlossen werden.

Die Mittel des Erneuerungsfonds sollten in erster Linie für grössere Reparatur- und Erneuerungsarbeiten und nicht für gewöhnliche Unterhaltsarbeiten eingesetzt werden, damit die Mittel im Zeitpunkt kostspieliger Arbeiten dann auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Ein entsprechender Anspruch besteht jedoch grundsätzlich nicht, ausser im Stockwerkeigentümerreglement wird festgehalten, wozu die Mittel eingesetzt werden dürfen.

Der Erneuerungsfonds stellt zwar Gemeinschaftsvermögen dar, die Mittel und Erträge des Erneuerungsfonds sind aber ausschliesslich durch die Stockwerkeigentümer selbst in der Steuererklärung zu deklarieren und zu versteuern. Einzelne Kantone verzichten allerdings auf die Besteuerung von Vermögen in einem Erneuerungsfonds. Die Einlagen in den Fonds können üblicherweise als Liegenschaftsunterhaltskosten in Abzug gebracht werden. 

Im Verkaufspreis enthalten

Bei einem Verkauf einer Stockwerkeigentumseinheit geht der Vermögensanteil am Erneuerungsfonds ohne weiteres auf den Käufer über. Der Anteil ist mit dem Stockwerkeigentum untrennbar verbunden. Der Verkäufer kann sich seinen Anteil am Fonds nicht auszahlen lassen, stattdessen ist die Höhe des Anteils am Erneuerungsfonds bei der Festlegung des Kaufpreises miteinzuberechnen.

 

Kurzantwort

Die Schaffung eines Erneuerungsfonds ist nicht zwingend, aber dringend zu empfehlen. Durch die Äufnung (Speisung) eines Erneuerungsfonds kann eine finanzielle Reserve für kostspielige Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten (Dachreparatur, Ersatz der Heizung etc.) gebildet werden. Ohne entsprechende Reserve besteht das Risiko, dass unvorhergesehene Arbeiten aufgeschoben werden müssen, weil einzelnen Stockwerkeigentümern die Mittel für diese Arbeiten fehlen.
Dr. iur. Claudio Stocker, Rechtsanwalt und Notar, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 15.9.2017