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Erbengemeinschaft / Willensvollstrecker

08.08.2018

Kann der Willensvollstrecker gegen Erben entscheiden?

Wir sind eine Erbengemeinschaft. Der Erblasser hatte einen aussenstehenden Willensvollstrecker eingesetzt. Unter den Erben sind wir uns einig, ein Haus aus der Erbmasse zu verkaufen. Um Kosten zu sparen möchten wir dies in Eigenregie tun. Der Willensvollstrecker will jedoch einen Makler beauftragen und zudem für seine eigenen Dienste Honorar verrechnen. Müssen wir das akzeptieren? Im Testament ist bezüglich des Hausverkaufs nichts festgelegt.

Die Beauftragung eines Maklers durch den Willensvollstrecker müssen Sie nicht akzeptieren. Der Erblasser kann in einer letztwilligen Verfügung eine Person mit der Vollstreckung seines Willens beauftragen. Der Willensvollstrecker hat den Nachlass gemäss dessen Anordnungen zu verwalten, abzuwickeln und zu teilen. Wird in der letztwilligen Verfügung die Willensvollstreckung ohne weitere Angaben angeordnet, so beinhaltet sie den gesamten Bereich der Nachlassabwicklung und der Durchführung der Erbteilung. Sein Amt hat der Willensvollstrecker grundsätzlich persönlich auszuüben. Erachtet er den Beizug einer Hilfsperson (so etwa eines Maklers für den Verkauf eines Grundstücks) für eine professionelle und rasche Abwicklung als erforderlich, so ist der Willensvollstrecker dazu befugt. Bei der Ausübung seiner Tätigkeit hat der Willensvollstrecker aber auch die Wünsche der Erben zu berücksichtigen, sofern diese mit dem Gesetz vereinbar sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn unter den Erben Einigkeit in Bezug auf die Verwaltung und/oder die Teilung des Nachlasses besteht. Da der Erblasser im Testament in Bezug auf den Verkauf des Hauses keine besonderen Anordnungen (etwa Beizug eines Maklers) getroffen hat und sich alle Erben darin einig sind, das Haus ohne Beauftragung eines Maklers zu verkaufen, hat sich der Willensvollstrecker nach diesen übereinstimmenden Wünschen der Erben zu richten.

Der Willensvollstrecker untersteht einer behördlichen Aufsicht (im Kanton Luzern ist die Teilungsbehörde am letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig). Missachtet der Willensvollstrecker den übereinstimmenden Wunsch aller Erben, das Grundstück ohne Beauftragung eines Maklers zu veräussern, so können Sie bei der Aufsichtsbehörde eine Beschwerde gegen den Willensvollstrecker wegen Pflichtverletzung einreichen.

Der Willensvollstrecker hat für seine Tätigkeit Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Dazu gehört auch der Ersatz der Auslagen und Spesen. Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung ist insbesondere dem notwendigen Zeitaufwand, der Komplexität der Verhältnisse, dem Umfang und der Dauer das Auftrages sowie der damit verbundenen Verantwortung Rechnung zu tragen. Handelt der Willensvollstrecker nachlässig oder fehlerhaft, indem er beispielsweise Handlungen vornimmt, die weder dem Willen beziehungsweise den Anordnungen des Erblassers entsprechen, noch im Interesse der Erben oder anderen an der Erbschaft Beteiligten erfolgen, so ist ein Honorarabzug gerechtfertigt.

Dr. iur. Claudio Stocker, Rechtsanwalt und Notar, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 8.8.2018