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Entschädigung für Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten

25.10.2017

Ich, 45, habe bis zur Trennung im Betrieb meines Ehemannes jahrelang als Sekretärin in einem Teilzeitpensum von 20 % bis 60 % gearbeitet. Für diese Mitarbeit habe ich keinen Lohn erhalten. Nun steht die Scheidung kurz bevor. Kann ich irgendwelche Ansprüche aus diesem Arbeitsverhältnis geltend machen?

Grundsätzlich sind Mehrleistungen eines Ehegatten zugunsten der Familie durch die eheliche Interessengemeinschaft gerechtfertigt. Eine Sonderregelung sieht Art. 165 Abs. 1 ZGB vor, wonach ein Ehegatte, der im Beruf oder Gewerbe des anderen erheblich mehr mitgearbeitet hat, als sein Beitrag an den Unterhalt der Familie verlangt, Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.

Voraussetzung der Vergütung

Ob eine aussergewöhnliche Leistung vorliegt, muss im konkreten Einzelfall aus objektiver Sicht beurteilt werden. Dabei sind insbesondere die Dauer, das Ausmass, die Regelmässigkeit und die Bedeutung des Arbeitseinsatzes zu berücksichtigen. Im Weitern gilt es miteinzubeziehen, ob der ansprechende Ehegatte nebst der Mitarbeit im Beruf oder Gewerbe zusätzlich Familienarbeit geleistet hat. Massgebend kann auch sein, ob der Arbeitseinsatz für die Erhöhung der Rentabilität oder die Erhaltung des Unternehmens des anderen Ehegatten erforderlich war. Darüber hinaus besteht beim ausserordentlichen Güterstand der Gütertrennung eher ein Anspruch auf eine Entschädigung, ansonsten der Mehrleistende weder an Einkommens- noch Vermögenssteigerungen teilhaben würde. Liegt eine ausserordentliche Arbeitsleistung vor, kann jedenfalls nur dann eine Entschädigung gefordert werden, wenn diese nicht bereits aufgrund eines besonderen Rechtsverhältnisses, namentlich eines Arbeitsvertrages, abzufinden ist (Art. 165 Abs. 3 ZGB).

Angemessene Entschädigung

Für die Mehrarbeit kann eine angemessene Entschädigung, nicht hingegen voller Ersatz gefordert werden. Daher ist die Vergütung nicht einfach einem Lohn gleichzusetzen, den eine Drittperson für dieselbe Arbeit erhalten würde. Für die Bemessung der angemessenen Entschädigung sind der Umfang und der Grund des ausserordentlichen Einsatzes sowie die Leistungsfähigkeit des ausgleichungspflichtigen Ehegatten massgebend. Eine Rolle spielen auch allfällige durch die Mehrleistung verbundenen Vor- und Nachteile des mehrleistenden Ehegatten (z.B. höherer Lebensstandard oder Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit).

Fristen beachten

Während der Ehe können die Entschädigungsansprüche jederzeit klageweise geltend gemacht werden (OR 134 I Ziff. 3 OR). Nach Beendigung der Ehe unterliegen die Ansprüche einer 10-jährigen Verjährungsfrist, bei periodischer Abgeltung der Mehrleistungen gilt es ausserdem die 5-jährige Verjährungsfrist zu beachten. Die Entschädigung muss aber ohnehin spätestens im Scheidungsverfahren geltend gemacht werden, ansonsten diese Ansprüche definitiv verwirkt sind.

Kurzantwort

Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf Entschädigung eines Ehegatten, der im Beruf oder Gewerbe des anderen mitarbeitet. Ein solcher besteht nur, wenn die Mitarbeit als aussergewöhnliche Leistung, welche die in den betreffenden Familien üblichen Unterhaltsbeiträge in beachtlicher Weise übersteigen, qualifiziert werden kann. Für die Geltendmachung der Entschädigungsansprüche gilt es, Fristen zu berücksichtigen.
MLaw Angela John, Rechtsanwältin, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 25.10.2017