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Arbeitsunfähig nach Unfall

24.08.2017

Welche Versicherung hilft?

Ich, Hausfrau und Mutter, habe 50 Prozent als angestellte Fitnessinstruktorin gearbeitet. Nach einem Unfall (Sturz beim Fensterputzen vor vier Wochen) bin ich in meinem Job noch immer zu 100 Prozent arbeitsunfähig. Auch im Haushalt kann ich schwerere Arbeiten nicht mehr erledigen. Welche Versicherungen helfen nun weiter?

Da Sie mehr als acht Stunden pro Woche gearbeitet haben, sind Sie über Ihren Arbeitgeber auch für Unfälle ausserhalb der Arbeit obligatorisch nach UVG versichert. Die Unfallmeldung an die zuständige Unfallversicherung (UV) ist Sache des Arbeitgebers, überprüfen Sie, ob diese erfolgt ist. Die UV übernimmt bei Unfällen die vollen Arzt- und Heilungskosten, es gibt keine Franchise oder Selbstbehalte.

Da Sie zumindest vorübergehend arbeitsunfähig sind, erhalten Sie bereits ab dem 3. Tag nach dem Unfall UV-Taggelder im Umfang von 80% Ihres versicherten Lohns.

Sollten Sie als Folge des Unfalls Ihren angestammten Beruf auf Dauer nicht mehr ausüben können, ist es wichtig, frühzeitig mit der Invalidenversicherung (IV) in Kontakt zu treten. Die Früherfassung ist bereits nach 30 Tagen ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit möglich. Grundsätzlich gilt «Eingliederung vor Rente». Bevor Sie Rentenleistungen von der IV oder der UV erhalten, haben Sie Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen wie z. B. Arbeitsvermittlung oder Umschulung. Es wird aber auch von Ihnen selber ein hohes Engagement verlangt. Unter Umständen ordnet die IV Massnahmen der Frühintervention an (z. B. Prüfung, ob eine Anpassung Ihres Arbeitsplatzes möglich ist).

Rentenanspruch prüfen

Wenn Sie wegen der Unfallfolgen bleibend weniger verdienen, muss eine Invalidenrente der UV geprüft werden. Das Einkommen vor dem Unfall wird mit dem tatsächlichen oder theoretisch erzielbaren nach dem Unfall verglichen. Sobald die Differenz 10 Prozent oder mehr beträgt und die Einbusse nach medizinischen und juristischen Kriterien auf die Unfallfolgen zurückzuführen ist, wird eine IV-Rente der obligatorischen Unfallversicherung gesprochen. Im UV-Verfahren spielt nur Ihre bezahlte Arbeit eine Rolle, die Arbeit zu Hause wird ausgeblendet.

Wenn Sie über eine Pensionskasse versichert sind, haben Sie eventuell auch dort einen Rentenanspruch. Anders als die UV und Pensionskasse berücksichtigt die IV bei einer dauerhaften gesundheitsbedingten Leistungseinbusse auch Ihre Tätigkeit zu Hause. Zur Bemessung Ihrer Einschränkung wird die Hausarbeit genau quantifiziert. Für beide Tätigkeitsbereiche (Haushalt und Kinder einerseits, Arbeit im Fitness andererseits) wird in Prozenten ermittelt, wie hoch Ihre Einschränkung ausfällt und so Ihr Invaliditätsgrad berechnet. Ab einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent spricht die IV eine Viertelrente. Ein IV-Grad unter diesem Schwellenwert führt bei der IV – anders als bei der UV – zu keiner Rente.

Bewirkt ein Unfall eine dauerhafte und erhebliche Schädigung der körperlichen oder psychischen Integrität, muss die UV eine einmalige Kapitalzahlung (Integritätsentschädigung) leisten. Prüfen Sie auch Ihre privaten Versicherungspolicen (z. B. Zusatzversicherung bei Krankenkasse). Ihre Ansprüche können hier nicht abschliessend beurteilt werden. Holen Sie sich frühzeitig Rat bei einer Beratungsstelle oder einem Rechtsanwalt. 

Kurzantwort

Nach einem Unfall mit Langzeitfolgen gilt es, die Vergütung der Arzt und Heilungskosten sowie eventuelle Rentenansprüche bei den verschiedenen Versicherungen abzuklären. In Frage kommen die zuständige UV, die IV, die Pensionskasse oder evtl. Zusatzversicherungen der Krankenkasse.
lic. iur. Corinne Willimann, Rechtsanwältin, Luzerner Zeitung, Ausgabe vom 26.7.2017